Sind Recruiter wirklich gut darin, die Qualität von Kandidaten anhand von Lebensläufen zu beurteilen? Eine Studie liefert erstaunliche Ergebnisse und gibt Tipps für eine bessere Selektion.
In der Untersuchung wurden 76 Recruiter gebeten, 30 Ingenieurs-Lebensläufe zu bewerten. Sie sollten vorherzusagen, ob diese Kandidaten ein technisches Interview bestehen würden.
Die Vorhersagen konnten mit echten Ergebnissen verglichen werden: Es handelte sich um anonymisierte authentische CVs. Die Interviews hatten in der Realität bereits stattgefunden.
Die Ergebnisse waren ernüchternd: Die HR-Profis lagen nur in 55% der Fälle richtig – waren also kaum besser als eine Zufallsentscheidung per Münzwurf.
Die Studie identifizierte gleichzeitig zwei einfache Hebel, die zu besseren Entscheidungen führten.
Die wichtigsten Ergebnisse der Lebenslauf-Studie:
Große Unterschiede in Beurteilungen: Recruiter waren sich sehr uneinig darüber, wie gut ein Kandidat ist. Zwei zufällig ausgewählte Recruiter lagen bei der Einschätzung der Erfolgsaussichten eines bestimmten Kandidaten im Schnitt 41 Prozentpunkte auseinander. Dieser Unterschied ist fast genauso groß, als würden sie zwei unterschiedliche Kandidaten bewerten
Unterbewusste Einflussfaktoren: Die Recruiter gaben an, dass die Skills der relevanteste Faktor für ihre Beurteilung seien. Tatsächlich waren zwei andere Faktoren deutlich wichtiger: Kandidaten mit Erfahrungen bei Top-Unternehmen oder aus unterrepräsentierten Minderheiten hatten die deutlich größte Wahrscheinlichkeit, für ein Interview ausgewählt zu werden.
Krumme Lebensläufe im Nachteil: Kandidaten mit Bilderbuch-Lebensläufen wurden deutlich bevorzugt. Menschen, die aufgrund schlechterer Voraussetzungen einen weniger geraden Karriereweg gegangen sind, wurden häufiger abgelehnt. Dabei waren gerade sie später im Job oft die Top-Performer.
Geringe Zeitinvestition: Recruiter verbrachten im Durchschnitt nur 31 Sekunden mit der Beurteilung eines Lebenslaufs, prüften nur oberflächlich und wenig reflektiert.
So treffen Sie bessere Recruiting-Entscheidungen
Langsamere Bewertungen: Nehmen Sie sich mehr Zeit für die Bewertung von Lebensläufen. Schon 15 Sekunden mehr können die Genauigkeit Ihrer Entscheidungen erheblich verbessern.
KI-Tools zu Hilfe nehmen: Validieren Sie Ihre Auswahl mithilfe von künstlicher Intelligenz. In der Studie wurden die Ergebnisse der Recruiter mit denen von zwei KI-Modellen verglichen. Die KIs schnitten deutlich besser ab als menschliche Recruiter, insbesondere bei der Vorhersage von Kandidaten mit niedriger Leistung.
Kontext berücksichtigen: Bewerten Sie Kandidaten im Kontext ihrer Ausgangsbedingungen. Berücksichtigen Sie zum Beispiel, ob eine Person mehr investieren musste, um z.B. einen Bildungsabschluss zu erreichen, als ein vermeintlich besserer Kandidat. Dies kann helfen, die Leistungen von Kandidaten fairer zu beurteilen.
Was bedeutet das für den Bereich Recht & Steuern?
Gerade im Rechtsbereich spielen Studiennoten eine herausragende Rolle bei der Beurteilung von Kandidaten. Bei Berufseinsteigern ist dies sicherlich ein geeignetes Kriterium. Dabei sollten Arbeitgeber aber auch die Umstände betrachten: Ein Absolvent der Bucerius Law School hatte höchstwahrscheinlich einfachere Umstände auf dem Weg zum Staatsexamen als ein Arbeiterkind, das sich mit Nebenjobs das Studium finanzieren musste. Dementsprechend hatte er eine höhere Wahrscheinlichkeit auf eine gute Note, aber bringt möglicherweise weniger Ehrgeiz und Widerstandsfähigkeit mit.
Mit steigender Berufserfahrung sollten Noten ein Stück weit in den Hintergrund rücken und andere Kriterien größeres Gewicht erhalten. Nachgewiesenes Talent für Mandatsakquise und Networking hat zum Beispiel wenig Zusammenhang mit der Note im Staatsexamen, kann für eine Kanzlei aber sehr wertschöpfend sein.
Alle Infos zur Studie finden Sie bei interview.io
Sie wären froh, wenn Sie mehr Kandidaten zur Auswahl hätten? Dann lesen Sie unsere Tipps für mehr Bewerbungen und kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Erstberatung.